Spiel oder Ernst?

Spiel oder Ernst?

Bei vielen Tieren gibt es das Spiel in der Jungentwicklung. Diese Verhaltensweise klar von anderen zu unterscheiden ist schwierig. Aus diesem Grund wurde in diesem Bereich für lange Zeit nicht viel untersucht und geforscht. Wir geben euch hier ein paar wichtige Tipps und Tricks für einen vertrauensvollen und spielerischen Umgang.

Es gibt viele Erklärungen und Erklärungsversuche, welche Bedeutung das Spiel bei Tieren hat, wann und warum es in welcher Spezies vorkommt. Da aber heute immer noch wenig über das Spiel an sich bekannt ist, hat man leider keine konkreten Antworten darauf.

Es gibt jedoch einige wichtige Punkte, von denen man annimmt, dass sie eine Rolle spielen:

  • Spiel findet meist in der Jugendentwicklung statt
  • Viele Tierarten spielen – nicht nur Säugetiere
  • Je höher entwickelt und komplexer eine Tierart ist, umso starker ist das Spielverhalten ausgeprägt
  • Je sozialer die Tiere leben, desto mehr wird gespielt
  • Die Verhaltensweise wird nur in sicheren Situationen gezeigt
  • Sobald sich eine Gefahr nähert oder wahrgenommen wird, wird das Spiel unterbrochen
  • Durch Spiel kann Stress abgebaut werden
  • Es fördert die Sozial- und Lösungsfähigkeiten der Tiere
  • Die Verhaltensweisen, die ein Hund im Spiel einübt, bringt ihm später im Leben Nutzen
  • Im Spiel verbessert der Hund seine körperlichen Fähigkeiten
  • Kommunikation wird erlernt
  • Die Kommunikation innerhalb der Gruppenmitglieder wird verfeinert
  • Es fördert die Gruppenzusammenangehörigkeit

 

Spielregeln der Hunde

Welpen lernen Spielregeln, wenn sie in ihrem Wurf gross werden.

  • Hunde spielen erst, wenn alle Bereiche des Lebens befriedigt sind
  • Zu einem Spiel müssen alle Beteiligten Ja-sagen
  • Spiel findet immer in einem „sicheren“ Umfeld statt
  • Für Fehler im Spiel folgt nicht die echte Konkurrenz
  • Stärkere Partner spielen fair und gehemmt
  • Im Spiel gibt es keine Hierarchie
  • Im Spiel wird für das Leben gelernt
  • Es gibt immer wieder Pausen
  • Es wird immer wieder versichert, dass es wirklich nur Spiel ist

Mit diesem Wissen kommen sie in ihre neuen menschlichen Familien – und bekommen als Erstes diese Regeln über den Haufen geworfen über. Wir Menschen verlangen ein Spiel von ihnen, obwohl sie sich in einer Situation nicht sicher fühlen. Man straft sie mit voller Härte für ein Vergehen, da wir Menschen das Spiel häufig für die Erziehung nutzen möchten.

 

Wie erkennt man Spielen beim Hund?

Spiel setzt sich aus Elementen der anderen Vorgehensweisen zusammen. Deshalb ist es schwer, sie von anderen Verhaltensweisen zu unterscheiden. Spiel beginnt in der Regel mit einer Aufforderung zum Spiel. Dies zeigt sich meist in der Vorderkörpertiefstellung. Es kann auch eine schnelle Abfolge von „jagdlichen“ Bewegungen mit einem auffordernden Bellen sein, wo sich aber auch in diesen Sequenzen irgendwo die Vorderkörpertiefstellung versteckt. Keine Anspannung oder angespannte Muskulatur in Sicht? Dann beginnt das Spiel! Denn der Körper ist dabei immer entspannt und locker und hat viele Kurven. Nur in einem entspannten Umfeld kann Spiel stattfinden.

Es werden immer wieder Pausen eingelegt und Spielaufforderungen oder Zeichen der Distanzverringerung erneut gezeigt. Dies kann über Körpersprache oder über Lautäusserungen geschehen.

Will man einen Hund zum echten Spiel animieren oder beurteilen, ob Hunde wirklich miteinander spielen, ist es wichtig auf diese Zeichen zu achten. Spiel kann sich sehr schnell in etwas Ernsteres wenden. Vieles, was wie ein Spiel aussieht, ist echtes Jagen oder „fiddle about“. Diese Aktionen sollte man korrekt beenden.

Für das Spiel der Hunde gibt es verschiedene Kategorien:

Solitärspiel

Ein Hund spielt für sich allein. Diese Form des Spiels ist sehr gut zum Entstressen geeignet, da er sich nur seinen eigenen Spielregeln beugen muss.

Objektspiel

Als Objektspiel bezeichnet man alle Spiele, in denen irgendwelche Objekte beteiligt sind. Meist wird das zu mehreren gespielt. Ein Hund hat etwas im Mund, das die anderen auch wollen. Es kann jedoch auch in einem Zerrspiel münden, und wieder in einem Jagdspiel enden. Hier lernen die Hunde sowohl den Umgang mit dem Gegenüber als auch mit Klarkommen des Objektes.

Spiel mit neu entdeckten Dingen

Im Prinzip ist es ein Objektspiel mit einem neuen Gegenstand. Interessant dabei: Es wird erst mit einem neuen Gegenstand gespielt, wenn sich der Hund sicher ist, dass der Gegenstand ungefährlich ist.

Bewegungsspiele

Hier sind alle Rennspiele und andere Spielarten zusammengefasst, bei denen die Betonung auf der Motorik liegt. Die Hunde bekommen eine bessere Koordination und Kondition und eine verfeinerte Motorik. Die Belastbarkeit des gesamten Bewegungsapparats wird verbessert.

Kampfspiele

Hier wird im Spiel die Auseinandersetzung mit Artgenossen oder anderen Tieren geübt. Diese Spiele gehen von „gemütlichem“ Maulringen im Liegen bis hin zu „Luftkämpfen“, bei denen beide Partner auf die Hinterbeine stehen und miteinander ringen. Diese Kampfspiele unterscheiden sich zum Teil sehr stark voneinander – je nachdem, welche Hundetypen daran beteiligt sind.

Sozialspiel

In diesem Spiel wird Kommunikation und Reaktion auf Kommunikation eingeübt. Das Spiel kann schnell oder ruhig ablaufen. Hier werden Feinheiten trainiert und nicht nur „grobe Dinge“.

Weil vielen Menschen die Spielregeln der Hunde nicht bekannt oder bewusst sind, passieren viele Fehler im Spiel mit Hunden. Meist versuchen Menschen mit ihren Hunden zu spielen oder sie zu einem Spiel mit einem noch fremden Hund zu animieren, wenn der Hund sich noch nicht sicher in der Situation fühlt. Für ein echtes Spiel ist aber Sicherheit die Grundlage. Dass Hunde in solchen Situationen gar nicht spielen, sondern eine andere Art Verhalten zeigen, die vielleicht auf den ersten Blick wie Spiel aussieht, ist sehr wahrscheinlich.

 

Verwechslungsgefahr zwischen Spiel und «Fiddle about»

Viele Menschen verwechseln „Fiddle about“ mit Spiel – es sieht ähnlich aus und Hunde zeigen es in ähnlichen Situationen. Die Körperspannung ist das entscheidende Kriterium, das die beiden voneinander unterscheidet. „Fiddle about“ ist immer ein Zeichen eines inneren Konfliktes und eine Überforderung des Hundes. Vielfach wird Menschen geraten, das Spiel der Hunde zur Erziehung zu nutzen und sich selber als Chef zu etablieren. Das ist genau das Gegenteil der hündischen Spielregeln und wird auf Dauer nicht funktionieren. Die Hunde werden irgendwann nicht mehr mit ihren Menschen spielen, da es für sie nicht sicher ist.

Viele Menschen verpassen die feinen Pausenzeichen der Hunde im Spiel. Ohne es zu wollen kippen sie dann von einem Bewegungs- oder Objektspiel in etwas anderes. Das Problem dabei: Es ist der erste Schritt in die Richtung zu Spielzeugjunkies und gestressten, hektischen Hunden. Hunde wechseln zwischen den einzelnen Spielarten und spielen vor allem auch ruhige Spielarten miteinander. Da der Mensch meist nur die Actionspiele betont, kommt es dadurch zu einem Ungleichgewicht – die Hunde benötigen den ruhigen Anteil.

Kurz zusammengefasst: Das Spiel erfüllt eine wichtige Funktion in der Entwicklung des Tieres. Es kann dort Verhaltensweisen, Bewegungsabläufe und Lösungen für Probleme einüben – ohne Gefahr zu laufen, bei Fehlern echte Konsequenzen tragen zu müssen. Für den Aufbau einer guten und vertrauensvollen Bindung zwischen Hund und Mensch sind deshalb folgende drei Punkte wichtig:

  • Wir sollten uns an die Spielregeln der Hunde halten.
  • Wir dürfen nicht erwarten, dass die Hunde sich an unseren Regeln halten und/oder sie diese erahnen können.
  • Spiel ist ein Zeitvertreib ohne tiefe Absicht – sie dient dem Aufbau des Vertrauens und findet in einem sicheren Rahmen statt.

Gerne unterstützen wir euch beim Entdecken eurer spielerischen Seite – Spass und Zusammengehörigkeit ist auf jeden Fall garantiert!