Folgende Situation: Du bist mit deinem Hund am Spazieren und bemerkst, wie ein anderer Hund auf deinen zukommt – und das immer schneller. Dein Hund ist in Alarmbereitschaft, sein Puls steigt an, der Stress nimmt zu. Er weiss nicht, was auf ihn zukommt und fühlt sich unwohl. Wie reagiert dein Hund in dieser Situation? Oder anders gefragt: Welche Strategie wählt dein Hund, um diesen Konflikt zu lösen?
In solchen Situationen wählt ein Hund zwischen vier Strategien aus. Im Fachjargon spricht man von den "4 F's":
- Fight - Drohen / Kampf
- Flight - Flucht
- Flirt / Fiddle about - "Scheinbar" / Übersprungshandlung
- Freeze - Einfrieren
Alle vier beschriebenen Strategien können fliessend ineinander übergehen - aus dem "Freeze"-Zustand kann dein Hund die "Flucht" wählen, aus einem "Flirt" kann ein "Fight" entstehen.
Freeze - Einfrieren
Der Hund kennt in dieser Siutuation keine passende Strategie und erstarrt erstmals. Diese Position nimmt er nur für eine kurze Zeit ein, bis er sich für eine andere Strategie entscheidet. Es kann aber auch sein, dass seine Bewegungen in Zeitlupentempo erfolgen oder gänzlich erstarren, bis die Situation vorbei ist. Die gesamte Körperoberfläche wirkt ganz ruhig, während in seinem Inneren ganz viel passiert. Diese Reaktion wählt der Hund meistens, wenn er überfordert ist oder für sich unangenehme Folgen vermutet.
Flirt / Fiddle About - "Scheinbar" / Übersprungshandlung
Dein Hund zeigt ein Verhalten, das eigentlich nicht zur aktuellen Situation passt. Er überspielt seine Unsicherheit und reagiert mit Bellen, Kratzen, Buddeln, wildem Herumflitzen, Anspringen oder ähnlichem. Diese Strategie könnte auch als Aufforderung zum Spielen verstanden werden. Fehlen aber andere Anzeichen für Spiel, dient das Verhalten zum Abbau der Anspannung und Entschärfen der Situation. Hier ist dein Beobachten gefragt: Erkenne den feinen Unterschied, ob dein Hund wirklich spielen will oder sich vor lauter Überforderung nicht anders zu helfen weiss. Ein "Scheinspiel" zwischen Hunden löst bei beiden häufig nur unnötigen Stress aus.
Flight - Flucht
Mit dieser Strategie sucht dein Hund eine Möglichkeit, sich aus der Situation zu entfernen. Er vergrössert den Abstand zum Auslöser, in dem er weggeht, sich abwendet, sich versteckt oder sich hinlegt. Hast du deinen Hund zu diesem Zeitpunkt an der kurzen Leine, hat er nicht alle Optionen zur Verfügung und wählt eine andere Strategie.
Fight - Drohen / Kampf
Ein Kampf ist für alle Beteiligten die unangenehmste Strategie. Ein Hund zeigt dieses Verhalten nicht aus Spass oder aus Gründen der Dominanz. Diese Strategie ist nämlich der letzte Ausweg, den dein Hund noch kennt, um sich zu schützen. Nach vermehrter, erfolgloser Unterstützungsaufforderung an dich beginnt der Hund selbständig, die Situation unter Kontrolle zu bekommen und wählt die für ihn beste Strategie. Die häufigsten Signale können Bellen, Knurren, Zähne zeigen, eine angespannte Körperhaltung, in die Luft Schnappen oder das Fixieren des Auslösers sein. Verbiete oder bestrafe diese Drohsignale nicht – du würdest damit deinem Hund nur eine weitere Stressquelle hinzufügen. Dein Hund reagiert unter diesen Umständen viel schneller.
Welche Strategie ist nun die Beste?
Die oben beschriebenen 4 F's kommen aus dem eigenen Erfahrungspool, der Lebenssituation oder sind ihm als genetische Information mitgegeben worden. Wie du deinen Hund in diesen Situationen unterstützen kannst: Achte frühzeitig auf die Körpersignale deines Hundes und lass ihn gar nicht in eine solche Situation kommen. Nutze dafür die 5. Strategie – Find the door.
Find the door - Finde den Ausgang
Wir können unserem Hund die Strategie "Find the door" (finde den Ausgang) anbieten. Dazu ist es auch wie bei allen anderen Strategien nötig, dem Hund gut zuzuhören, frühzeitig seine ersten Signale zu erkennen und diese rasch und freundlich zu beantworten. Wir zeigen unserem Hund neue Lösungsstrategien, die ihn zu neuen Erkenntnissen führen. Biete deinem Hund einen Ausgang: Sei dies in Form von Bogenlaufen oder mit einer langen Leine und richtiger Körperhaltung (seitlich stehend). Dank Raum und Zeit gibst du dem Hund eine Basis für gute Entscheidungen. Dein Hund wird diese Unterstützung annehmen und so seine Fertigkeiten erweitern. Diese werden später zur Fähigkeit, selbstständig Situationen richtig einschätzen zu können und eine passende Lösung zu finden. Vermittle ihm, dass er bei dir sicher ist und gleichzeitig selbstbewusst sein kann.
Wenn wir euch auf diesem Weg unterstützen dürfen, dann besucht gerne unsere Workshops zum Thema Hundekontakt oder Leinenhandling.