Wie Hunde Schmerzen fühlen

Wie Hunde Schmerzen fühlen

Wie sich Schmerzen für Menschen anfühlen können wir nachvollziehen. Wie leiden jedoch unsere Hunde? Von Natur aus haben sie einem anderen Umgang mit Schmerzen – umso mehr liegt es in unserer Verantwortung, unseren Hund gut zu beobachten und zu umsorgen.

Wir kennen es: Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis. Es ist verknüpft mit aktueller oder potenzieller Gewebeschädigung oder wird mit Begriffen einer solchen Schädigung beschrieben. Der Schmerz besteht aus zwei Komponenten: Aus der Wahrnehmung eines unangenehmen Reizes und aus einem emotionalen Anteil, wie der Schmerz empfunden wird.

Verschiedene Schmerztypen

In der modernen Medizin und Veterinärmedizin unterscheidet man verschiedene Arten von Schmerzen. Die erste Unterscheidung beruht auf den Ort der Schmerzentstehung.

  • Viszeralen Schmerz: Der Schmerz entsteht in den inneren Organen oder in den Körperhöhlen.
  • Somatischer Schmerz: Der Schmerz entsteht im Rest des Körpers.
  • Tiefenschmerz: Ausgangsort des Schmerzes sind die Knochen, Bänder, Sehnen, Muskeln und ähnliche Strukturen

Weiter kann ein Schmerz nach Zeitdauer unterschieden werden.

  • Akutschmerz: Der Schmerz hält Sekunden bis maximal Wochen an.
  • Chronischer Schmerz: Ein Patient hat länger als 6 Monaten schmerzen.

Die biologische Bedeutung von Schmerz

Schmerz ist ein unangenehmer Sinneseindruck. Er wird als störend, unangenehm und hinderlich wahrgenommen. Der akute Schmerz ist eine sehr sinnvolle Einrichtung des Körpers mit folgenden Funktionen:

  • Er ist eine biologische Schutzfunktion
  • Er dient dem Organismus als Schadenfrühwarnsystem

Werden von einer Körperstelle Schmerzinformationen weitergeleitet, hat das Folgen. Der Körper schützt diese Stelle und bewegt sie weniger. Ausserdem werden die körpereigenen Heilungsstrategien aktiviert. Diese Folgen eines Schmerzes sind durchaus positiv und man bezeichnet diesen Schmerz auch als physiologischen Schmerz. Hält der Schmerz längere Zeit an, so verliert er seine positive, sinnvolle Funktion und wird zum sogenannten pathologischen Schmerz. Jetzt treten Folgen auf, die für den Organismus negativ sind:

  • Die Stresshormone Adrenalin, Kortisol etc. werden freigesetzt. Hier sieht man die enge Verbindung von Schmerz und Stress.
  • Es kommt zu heiklen Folgeerkrankungen im Bewegungsapparat, aufgrund der eingenommenen Schonhalterungen.

Eine frühzeitige Schmerzbekämpfung ist deshalb wichtig: Dauert ein Schmerzzustand zu lange, so verliert der Schmerz seine physiologische Funktion. Die Folgen von langanhaltenden Schmerzen helfen nicht mehr das betroffene Gebiet zu heilen, sondern sie belasten nur den restlichen Organismus.

Da Hunde Schmerzen erst zeigen, wenn es gar nicht mehr anders geht, besteht die Gefahr, dass sich chronische Schmerzen entwickeln. Von Natur aus ist es für Tiere keine «gute» Strategie, auf ein körperliches Gebrechen hinzuweisen.

Welche Auswirkungen können Schmerzen bei Hunden haben?

Der Schmerz hat nicht nur Auswirkungen auf das Gebiet, in dem er entsteht, sondern auf den gesamten Organismus.

Schmerzverbreitung: Tritt in einem Gebiet ein Schmerzereignis auf, so antwortet der Körper mit einer unbewussten Schonhaltung. Durch diese Schonhaltung kann es in anderen Bereichen des Körpers zu einer Fehlbelastung kommen. Dies wiederum führt zu Schmerzen in dem neuen Bereich.

Hat der Hund beispielsweise ein Problem in Knie, wird er als erste Reaktion dieses Knie schonen und bei der Bewegung die anderen Gliedmassen mehr belasten. Passiert dies, ohne dass es der Besitzer mitbekommt, wird der Hund weiter normal belastet. Die Heilung der Verletzung dauert länger und der Hund lauft länger in einer Schonhaltung. Dies kann zu einem Problem im Rücken oder im Schulterbereich führen. Vielfach wird er später wegen eines Hinkens am Vorderlauf zum Tierarzt gebracht, obwohl die Ursache mal eine Verletzung des Knies war.

Psychische Folgen: Aufgrund von unbehandelten, langanhaltenden, chronischen Schmerzzuständen können gesteigerte Ängstlichkeit, Aggression und Depressionen entstehen. Es sind typische Folgen von langzeitigem Stress, die sich dann verselbständigen. Der Hund zeigt auch nach erfolgreicher Schmerztherapie und Behandlung seine Angst oder Aggression in bestimmten Situationen, da dieses Verhalten erlernt wurde.

Wie erkenne ich Schmerzen beim Hund?

Tiere äusseren Schmerzen nicht wie Menschen. Aus biologischer Sicht ist es für sie nicht sinnvoll, deutlich Schmerzen anzuzeigen. Schmerzen sind ein Zeichen für eine Einschränkung oder eine Schwäche des Tieres – in der freien Wildbahn kann dies gefährlich sein. Es ist für sie besser, den Schmerz zu verstecken. Geringe Schmerzen unserer Hunde zu erkennen ist deshalb schwierig und braucht in der Regel viel Erfahrung und eine lange, gemeinsame Zeit. Meist sind es kleine Unterschiede im alltäglichen Verhalten. Stärkere Schmerzen erkennt man besser – wenn man weiss, auf welchen Verhaltensbereichen man achten muss. Denn auf ein deutliches Hinken oder Schonen wartet man vergeblich. Die wichtigen Bereiche sind:

  • Körpersprache
  • Verhalten
  • Haltung und Bewegungen

Körpersprache

Schmerzen beim Hund kann man an der Körpersprache erkennen. Der Hund zeigt beispielsweise Beschwichtigungssignale, wenn er an einem schmerzhaften Punkt berührt wird. Ausserdem zeigen Hunde, die unter Schmerzen leiden, ein Stressgesicht. Vielfach zeigt sich Schmerz durch vermehrtes Hecheln, ohne dass der Hund körperliche Anstrengung hatte.

Verhalten

Hunde mit Schmerzen können dies auf unterschiedliche Weise über ihr Verhalten zeigen. Zeigen sie plötzliche Aggressivität und in Situationen, die bisher kein Problem waren, kann das ein Hinweis sein. Sie knurren, zeigen Zähne, bellen und reagieren mit Schnappen oder Beissen sogar.

Haltung und Bewegung

Vor allem bei Schmerzen im Bewegungsapparat zeigen Hunde vielfach Schonhaltungen und nicht mehr die gewohnte Beweglichkeit. Sie fallen in einen bequemeren Passgang, statt normale Schrittbewegungen zu machen. Die Kopfhaltung sowie die Verteilung des Körpergewichtes können wichtige Anhaltspunkte sein. Schonhaltungen und geänderte Bewegungen können in allen beweglichen Teilen des Skeletes auftreten

Ob du Körpersprache, Verhalten oder die Bewegung und die Haltung anschaust: Alles muss im Kontext gesehen und interpretiert werden. Du kennst deinen Hund am besten und weisst, was für ihn normal ist und was nicht. Achte gut auf diese Zeichen und reagiere, wenn du Abweichungen feststellst. Je früher, desto besser!